Austrian Comprehensive Cancer Network gegründet

Die Krebsforschungs- und Behandlungszentren der Medizinischen Universitäten Wien, Graz und Innsbruck verstärken ihre Kooperation. Neben der besseren Behandlung Erkrankter geht es auch um die Akquise von EU-Fördergeld. 

 

Foto: Medizinische Universität Wien/APA-Fotoservice/Krisztian Juhasz
Kooperation nötig: Die Comprehensive Cancer Center in Wien, Graz und Innsbruck arbeiten verstärkt zusammen.

Einen Vertrag über die verstärkte und dauerhafte Zusammenarbeit schlossen die Krebsforschungs- und Behandlungszentren (Comprehensive Cancer Center, CCC) der Medizinischen Universitäten Wien, Graz und Innsbruck. Sie gründeten damit das Austrian Comprehensive Cancer Network (ACCN), das am 30. Jänner in Wien vorgestellt wurde. Neben der Prävention und der besseren Versorgung Erkrankter geht es nicht zuletzt darum, Mittel aus den einschlägigen Förderprogrammen der EU zu akquirieren: Einer der Schwerpunkte des noch bis 2027 laufenden Programms „Horizon Europe“ ist die sogenannte „Mission Cancer“. Sie zielt darauf ab, Krebserkrankungen besser zu verstehen und in der Folge die Vorbeugung, Diagnose und Behandlung zu optimieren, aber auch die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen. Durch die Schaffung des ACCN soll der Zugang zu den Fördermitteln der „Mission Cancer“ erleichtert werden. 

 

Eigene Strukturen für das ACCN aufzubauen, ist übrigens nicht notwendig: Die CCC in Wien, Graz und Innsbruck verfügen über gut ausgebaute Geschäftsstellen, die die Kooperation koordinieren und die erforderlichen Kommunikationstätigkeiten steuern können. Unterstützt wird das ACCN auch vom Wissenschaftsministerium (BMBWF), versicherte Ressortchef Martin Polaschek bei der Präsentation des Netzwerks. Ihm zufolge etablierte das Ministerium eine „Mission Cancer Action Group“, die die Umsetzung der „Mission Cancer“ in Österreich begleitet. Zusätzliches Geld des BMBWF für die ACCN gibt es vorerst allerdings nicht, konstatierte Polaschek auf Anfrage des Chemiereports. 

 

Zusammenarbeit essenziell 

 

Laut Shahrokh Shariat, dem Leiter des CCC Wien, droht eine wahre „Lawine“ an Krebserkrankungen über die Gesellschaft hereinzubrechen. Um diese zu bewältigen, sei die Zusammenarbeit aller einschlägigen Institutionen „essenziell“. Shariat zufolge ist die nunmehrige Etablierung des ACCN ein „erster Schritt“. Der Spitzenmediziner hofft nach eigenem Bekunden auf eine Ausweitung des Netzwerks. Denkbar wäre beispielsweise eine Einbindung der bisher nicht beteiligten CCC in Salzburg und Linz. Jedenfalls aber soll das ACCN Shariat zufolge die österreichische Spitzenforschung in Sachen Onkologie besser bündeln und sie nach Möglichkeit weiter ausbauen. 

 

Geplant ist unter anderem, Patientenregister einzurichten und ein digitales „Tumorboard“ zu schaffen. Grob gesprochen, arbeiten in Tumorboards Mediziner mehrerer einschlägiger Fachrichtungen (üblicherweise der Radiodiagnostik, der Pathologie, der internistischen Onkologie, der Strahlentherapie sowie des jeweiligen Organfachs) zusammen, um die Behandlung Erkrankter zu optimieren. Allein 2019 wurden in den 23 Tumorboards des CCC Wien 847 Sitzungen mit 11.052 Fallbesprechungen durchgeführt. Auch die Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft zum Thema Krebs erachtet Shariat als eine wichtige Aufgabe des ACCN. 

 

Logische Konsequenz 

 

Dominik Wolf, der Leiter des seit 2018 bestehenden CCC Innsbruck, ergänzte, es gehe darum, „vom Patienten her zu denken“. Deshalb sei die Etablierung des ACCN eine „logische Konsequenz“ der einschlägigen Aktivitäten in Österreich. Auf regionaler Ebene funktioniere die Zusammenarbeit der betreffenden Institutionen bereits bestens. Mittlerweile sei die Behandlung mancher Krebserkrankungen aber derart komplex, dass sich eine nationale Koordination immer wieder als hilfreich erweise. 

 

Philipp Jost, der Leiter des CCC Graz, erläuterte, zum besseren Verständnis von Tumorerkrankungen müsse die Grundlagenforschung verstärkt werden. Wesentlich sei aber auch der Blick aus der klinischen Praxis auf die Grundlagenforschung. Diesbezüglich solle das ACCN tätig werden, ebenso wie im Bereich klinischer Studien, bei denen Österreich im internationalen Vergleich gut aufgestellt sei.