um die menge an abfällen und reststoffen, die entlang der lebensmittelwertschöpfungskette anfallen, ist in den ver- gangenen jahren eine hitzige diskussion entbrannt. eine wachsende weltbevölkerung will ernährt werden, klimatische veränderungen bedrohen landwirtschaftliche flächen, die zu- dem auch als quelle für nachhaltige produktionssysteme dienen sollen (man denke etwa an die „teller versus tank“-diskussion). umso dringlicher scheint es, aus den reststoffen, die bei erzeu- gung, handel und konsum entstehen, noch herauszuholen, was an potenzial in ihnen steckt. doch wie viel fällt überhaupt an? die studie „abfallvermeidung in der österreichischen lebens- mittelproduktion“ hat sich einen warenstrom angesehen, der bisher noch wenig beachtet wurde: fertige lebensmittel, die in betrieben hergestellt wurden, doch dann aus verschiedenen gründen den betrieb nicht verlassen können: falsche etikettie- rung, verunreinigung einer charge etc. am 27. juni wurden die ergebnisse der studie präsentiert, die unter federführung des österreichischen ökologie-instituts und in kooperation mit der fh wiener neustadt (campus wiesel- burg), der pulswerk gmbh sowie der lebensmittel-cluster aus oberösterreich und niederösterreich erstellt wurde. dabei trug man dem umstand rechnung, dass die branche heterogen struk- turiert ist. „die lebensmittelbranche gibt es nicht“, formulierte josef domschitz vom fachverband der nahrungs- und genuss- mittelindustrie in der wirtschaftkammer. vielmehr handle es sich um ein konglomerat aus mehr als 30 teilbranchen vom mineralwasser-hersteller bis zur bäckerei, vom gewürze-anbie- ter bis zur molkerei, vom schlachthof bis zum süßwarenerzeu- ger. insgesamt 220 unternehmen sind mitglied im fachverband, dazu kommen rund 3.300 betriebe, die aufgrund der kammer- systematik dem gewerbe zugeordnet sind, etwa bäcker, kondi- toreien oder fleischhauer. finanziert wurde die untersuchung von der abfallvermeidungsförderung der sammel- und verwer- tungssysteme im rahmen der studie hat man sich nicht genau an diese kammersystematik gehalten, aber jene lebensmittel-produzie- renden unternehmen angesprochen, die mehr als 50 mitarbei- ter beschäftigen; insgesamt waren dies 250 betriebe. 60 davon waren bereit, an einer qualitativen umfrage teilzunehmen. innerhalb der branche wurden untergruppen gebildet – zwar nicht jene 30, von denen domschitz sprach, aber immerhin zehn – und aus diesen repräsentative leitbetriebe ausgewählt, die zusätzlich einer quantitativen erhebung der lebensmittelab- fälle durch abfallsortieranalysen des restmülls zustimmten. die ergebnisse wurden in tonnen pro unternehmensumsatz erfasst und mit den branchenumsätzen hochgerechnet – nach angaben der autoren kommt man so auf eine sicherheit der hochrech- nung von 95 prozent. chemie & technik chemiereport.at austrianlifesciences 2016.5 73 hung vermeidbarer abfälle im produktionsbetrieb wurde mit 44 prozent das design des herstellungsprozesses genannt. alle anderen ursachen (qualitätssicherung, reinigung, retouren, transportschäden, überlagerungen, verluste, fehlproduktion und fremdkörper) wurden etwa gleich häufig zu je etwa 5 bis 9 prozent genannt. innerhalb der in der studie gebildeten teil- branchen stechen die backwarenhersteller mit einer besonders hohen menge (51.700 tonnen) vermeidbarer reststoffe hervor, unter denen nach angaben der betriebe 35.000 tonnen an retou- ren aus dem handel sind. danach folgen molkereien (16.000 ton- nen), getränkehersteller (13.100 tonnen) und produzenten von tiefkühlware. wirklich ins detail ging die analyse bei den ausgewähl- ten leitbetrieben. hier fanden betriebsbesichtigungen statt, in denen man die anfallenden abfälle detaillierter erhob. dar- aus erarbeiteten die experten optimierungspotenziale, die den betroffenen betrieben präsentiert, aber – da es sich doch um interne angelegenheiten handelte – nicht veröffentlicht wurden. firmenvertreter von kotányi, haribo und der nöm ag wagten sich aber im zuge der präsentationsveranstaltung aufs podium und berichteten über ihre erfahrungen. zudem hat man für jede der zehn produktgruppen mögliche maßnahmen zur lebensmit- telabfallvermeidung abstrahiert und in einer broschüre zu den studienergebnissen veröffentlicht. hoher diskussionsbedarf in der nachfolgenden diskussion bedauerten einige der zur präsentation der studie in die räumlichkeiten der wirtschafts- kammer niederösterreich nach st. pölten gekommenen bran- chenvertreter, dass die erhebungen nicht auf betriebe mit weni- ger als 50 mitarbeitern ausgedehnt wurden – so sei nicht klar, ob sie für diese zahlenmäßig doch viel größere gruppe repräsenta- tiv seien. diskutiert wurde auch die manchmal unklare begriffs- bildung, in welchen fällen denn ein produktionsbedingter stoff- strom nun als nebenprodukt und wann als abfall zu bezeichnen wäre. ein wissenschaftler aus dem futtermittelbereich mahnte ein, besonders bei jenen restmassen, die in die tierhaltung gehen, sprachliche vorsicht walten zu lassen: tiere würden nicht mit abfällen, sondern mit wertvollen reststoffen gefüttert. als partner auf dem weg, eine höhere verwertungsquote zu errei- chen, boten sich im zuge der veranstaltung auch soziale einrich- tungen wie die wiener tafel an, die armutsgefährdete menschen mit warenspenden versorgen: „deren leistungen sind dem han- del oft mehr bewusst als den produktionsunternehmen“, resü- mierte pladerer vom österreichischen ökologie-institut. vermeidbare und nicht vermeidbare abfälle zum projekt christian pladerer und philipp hietler konnten am 27. juni aufschlussreiche resultate präsentieren. die studienauto- ren unterschieden zwischen nicht vermeidbaren organischen nebenprodukten, die im zuge der lebensmittelproduktion ent- stehen und nicht für den menschlichen verzehr geeignet sind (etwa knochen, blut, schlachtabfälle, sauermolke oder trester) und vermeidbaren lebensmittelabfällen, die für den mensch- lichen verzehr produziert wurden oder verzehrfähige rohpro- dukte darstellen, die weiterverarbeitet werden können. diese unterscheidung relativiert somit manche kolportierte zahl: fallen von den nicht vermeidbaren nebenprodukten 1.338.000 tonnen an, sind es bei den vermeidbaren reststoffen lediglich 121.800 tonnen. 92 prozent der insgesamt anfallenden abfälle sind also nicht in die in der studie im fokus stehende gruppe zu rechnen. als mit abstand wichtigster grund für die entste- „abfallvermeidung in der österreichischen lebensmittelproduktion“ konzept und wissenschaftliche ausarbeitung: phillip philipp hietler und christian pladerer, österreichisches ökologie-institut in kooperation mit: fh wiener neustadt, campus wieselburg lebensmittel-cluster oberösterreich lebensmittel-cluster niederösterreich pulswerk gmbh gefördert von: abfallvermeidungsförderung der sammel- und verwertungssysteme