märkte & management chemiereport.at austrianlifesciences 2018.7 35 was in der routine sehr gut funktio- niert, kann ohne weiteres auf größere maßstäbe oder das projektgeschäft über- tragen werden. wenn bestimmte tätigkei- ten 100-mal in kurzer zeit wiederholt wer- den, muss man damit anders umgehen, als wenn sie nur wenige male im tagesge- schäft ausgeführt werden“, erklärt fink. dabei geht es stets darum, balance zu halten zwischen verbindlichen anforde- rungen und dem gewähren von spielräu- men für die einzelnen gewerke: „ich finde dafür das bild der leitplanke so treffend: die sagt, bis hierher und nicht weiter, aber dazwischen bestehen durchaus frei- räume“, so fink. die viele facetten der qualitätssicherung veronika kotzians tätigkeit als quality assurance manager ist stark von den hygi- enischen anforderungen einer gmp-pro- duktion geprägt. die expertin muss die prozesse, die rund um die produktion ablaufen werden, sehr genau kennen, um daraus personal- und materialflüsse abzu- leiten, die kontaminationsrisiken so weit wie möglich ausschließen. die qualitäts- anforderungen schlagen dabei bis in den grundriss des gebäudes durch. es sollen z. b. keine toten winkel entstehen, die nicht gereinigt werden können, und die wege in und aus dem produktionsbereich müs- sen klar definiert sein. „alle wege müssen so konzipiert werden, dass kreuzkontami- nationen zwischen reinem und unreinem equipment/material vermieden werden“, erzählt die gelernte ernährungswissen- schaftlerin und lebensmitteltechnologin, die seit fünf jahren bei boehringer ingel- heim im qualitätsbereich arbeitet. ebenso ist sie in zahlreiche fragen des designs und der materialauswahl eingebunden, die sich bei der gestaltung von reinräu- men stellen. „es geht darum, anforde- rungen, welche teils bereits in regularien oder konzern- bzw. internen vorgaben verankert sind, in allen gewerken und bereichen in der praxis umzusetzen“, so kotzian. fink stellt als „qualification lead engineering technical compliance“ gleichsam die schnittstelle zwischen qua- lity und engineering dar. „in meiner ver- antwortung liegt die qualifizierung der anlagen, die im lscc-projekt realisiert werden“, erzählt der techniker, der nach seiner htl-ausbildung als chemotech- niker bei boehringer in der produktion begann und berufsbegleitend bioenginee- ring an der fh campus wien studiert hat. zu seinen derzeitigen aufgaben zählt es, die anlagen bei der erstellung der spe- zifikationen zu begleiten und danach zu überprüfen, ob auch gebaut wurde, was die planung vorgesehen hat, um eine frei- gabe für den routinebetrieb zu geben. diese überprüfung, die sogenannte qua- lifizierung, erfolgt in drei großen pha- sen: bei der installationsqualifizierung (iq) wird überprüft, ob die anlage ent- sprechend der spezifikationen aufgebaut wurde. darauf folgt die funktionsqualifi- zierung (operational qualification, oq), bei der getestet wird, ob die einzelnen anlagenteile alle vorgegebenen funkti- onen über den gesamten arbeitsbereich erfüllen. schließlich wird durch die leis- tungsqualifizierung (performance qua- lification, pq) das zusammenspiel aller geräte gemeinsam getestet, um routine- zustände abzudecken. viele der prüfun- gen werden dabei bereits beim jeweiligen lieferanten durchgeführt (sogenannte „factory acceptance tests“), um das ent- deckungsrisiko von mängeln nach auslie- ferung zu minimieren. die besonderheiten der biotechnologischen produktion da es sich beim lscc um eine biotech- nologische produktionsanlage handelt, bei der wirkstoffe mithilfe von säuge- tier-zellkulturen hergestellt werden, gibt es einige besonderheiten zu berücksich- tigen. „jedes lebende system besitzt eine eigene dynamik. eine standardisierung ist daher nur begrenzt möglich. vieles ist spezifisch für das jeweils erzeugte pro- dukt und den dafür eingesetzten stamm“, sagt fink. in einer multi-purpose-anlage, wie sie hier vorliegt, können daher man- che performance-kriterien erst im zuge des testbetriebs erprobt werden und nicht schon im vorfeld. das betrifft auch die produktspezifische reinigung: damit aber bei einem produktwechsel das zuvor produzierte produkt vollständig entfernt werden kann, müssen die entsprechen- den komponenten richtig designt sein, wie kotzian ergänzt. dazu kommt, dass vieles im auftrag von kunden produziert wird und deren zukünftige wünsche so gut wie möglich antizipiert werden müssen. ein beispiel wird von fink genannt: „für viele unserer kunden könnte künftig der chinesische markt interessant sein. dort werden aber höhere reinheitsklassen für bestimmte bereiche gefordert.“ daher müsse man entscheiden, ob man die entsprechenden räume gleich dieser anforderung ent- sprechend ausstatte, damit man sich die- sem markt in zukunft nicht verschließt. zahlreiche disziplinen, die auch im routinebetrieb einer produktion zu den aufgabengebieten der quality-teams zählen (dokumentenmanagement, trai- ningsmanagement, abweichungs- und änderungsmanagement, mängelwesen), gleichenfeier in meidling boehringer ingelheim investiert in den ausbau des standorts in wien-meidling rund 700 millionen euro. herzstück ist die errichtung einer neuen produktions- anlage zur herstellung von biopharmaka auf basis von säugetier-zellkulturen. das produktionsgebäude hat seine dachglei- che erreicht. am 25. september fand dazu die traditionelle gleichenfeier statt. philipp von lattorff, generaldirektor von boehrin- ger ingelheim rcv, dankte im zuge des- sen den beteiligten für die einhaltung des zeitplans und wies darauf hin, dass bis zur eröffnung 2021 rund 500 neue arbeits- plätze geschaffen werden, wobei der per- sonalaufbau bereits jetzt auf hochtouren laufe. factory acceptance test – fat vor transport und einbringung von komple- xen anlagenteilen führt boehringer ingel- heim bei den beteiligten anlagenlieferanten einen fat durch. diese überprüfung erfolgt noch in den fertigungshallen vor ort, unmit- telbar vor dem versand. dies dient der sicherstellung der richtigen lieferqualitäten und vollständigkeit der komponenten und dokumentation. mögliche mängel können frühzeitig erkannt und behoben werden, um einen reibungslosen ablauf der inbetrieb- nahme zu unterstützen. müssen an die besonderheiten der projekt- organisation eines investitionsprojekts angepasst werden. fink nennt ein bei- spiel: „in der routineproduktion gibt es für änderungen beispielsweise dokumen- tationssysteme, bei denen elektronische unterschriften erforderlich sind, ohne die der prozess nicht weiterlaufen kann.“ im projekt könne man dagegen nicht so ein- fach den baufortschritt behindern und müsse auch dokumentation in papier- form zulassen. ein großteil der arbeit des quali- ty-teams ist es, bereits in den frühen projektphasen gmp-anforderungen zu integrieren, wie kotzian betont: „uns ist wichtig, zu vermitteln, dass es nicht um willkürliche vorgaben geht, sondern bewusstsein zu schaffen: es werden in dieser anlage zukünftig arzneimittel erzeugt, die dem wohl von patienten die- nen.“