32 COVERTHEMA chemiereport.at AustrianLifeSciences 2023.1 einer Finanzierungsrunde, die jeweils siebenstellige Beträge einbrachten, ist nun eine Serie-A über zumindest zehn Millio- nen geplant. „Mit diesem Geld könnten wir zwei bis drei Indikationen in Angriff neh- men und dafür unterschiedliche Pharma- Partner gewinnen“, sagt Szolar. Für sich selbst hat er seine eigenen Formen der Risikostreuung gefunden: „Als Geschäftsführer von so einem Unter- nehmen lässt Du ja auch viel Geld liegen, das man mit dieser Ausbildung in einem großen Unternehmen verdienen könnte“, sagt Szolar. Heute hilft er Unternehmen bei der Gründung, beim Aufbau und in der ersten Entwicklungsphase und erhält dafür Anteile. Neben Ahead Bio ist er auch an der Heartbeat Bio AG (Eigenschreib- weise „HeartBeat.bio AG“) beteiligt, die von Michael Krebs geführt wird und in der Szolar auch als Vorsitzender des Auf- sichtsrats fungiert. Vor kurzem kam es zur Gründung einer dritten Firma. Wings4Innovation: Modell zur Risikomitigierung in der Arzneimittelentwicklung Nach seinem Engagement bei Savira leitete Szolar das Projekt „Wings4Innova- tion“, das zum Ziel hatte, ein Konzept für ein Translationales Forschungszentrum zu erstellen, das akademische Arzneimittel- entwicklungsideen gezielt aufgreift. Unter seine Ägide gelang es, so gut wie alle in den Biowissenschaften tätigen akademischen Einrichtungen in Österreich zusammen- zuspannen, um ein Modell zu konzipieren, das schlank aufgestellt ist. Dabei hat er auch einen guten Überblick über die Biotech- Startup-Landschaft und ihre Geschäftsmo- delle bekommen. „Ob man einen Exit als Er- folg bewertet, kommt auf die Erwartungen an, die man mit dem Unternehmen verbun- den hat“, ist heute sein Resümee. Und das kann für verschiedene Beteiligte am Pro- jekt durchaus unterschiedlich sein. „Es gibt Fälle, da hat ein Gründer sein Investment vervielfacht, während manch ein Risikoka- pitalinvestor nicht viel mehr rausbekommt, als er reingesteckt hat, oder sogar Geld da- mit verloren hat“, sagt Szolar. Aus dem Projekt „Wings4Innovation“ ist in der Zwischenzeit selbst ein Instrument entstanden, das es erlaubt, Risiko in der Frühphase von Arzneimittel-Entwicklungs- projekten besser zu streuen. Die Finanzie- rung des Vorhabens gelang 2019 im Rah- men einer internationalen Konstruktion: Der Europäische Investitionsfonds (EIF), die Max-Planck-Förderstiftung und das Aust- ria Wirtschaftsservice (AWS) investierten 60 Millionen Euro in die Fonds-ähnliche Konstruktion KHAN Technology Transfer Fund I (kurz KHAN-I, der Chemiereport be- richtete). Um das auf die Beine zu stellen, vereinten die österreichischen Protagonis- ten ihre Kräfte mit dem Management des „Lead Discovery Center“ (LDC) der Max- Planck-Gesellschaft in Dortmund. Einer der Geschäftsführer dieser Einrichtung und Manager von KHAN-I ist Peter Nussbaumer, der auch das in Wien ansässige österreichi- sche Büro leitet, als dessen Bezeichnung der Name „Wings4Innovation“ weiterlebt. „Ich bin wirklich stolz darauf, dass es uns gelungen ist, im November 2020 einen Rah- menvertrag mit 19 österreichischen For- schungsorganisationen zu schließen“, sagt Nussbaumer. „Das habe ich noch in keinem anderen Land gesehen.“ „Ich sehe uns durchaus als Alternative zu vor- schnell gestarteten uni- versitären Spinoffs, deren Gründungsideen noch nicht ausgereift sind.“ Peter Nussbaumer, Geschäftsführer des „Lead Discovery Center“ der Max-Planck-Gesell- schaft und Leiter von „Wings4Innovation“ Wings4Innovation greift akademische Ansatzpunkte der Arzneimittelentwick- lung (Targets oder Wirkstoffkandidaten) auf und entwickelt sie nach Industriestan- dards so weit, dass eine kommerzielle Ver- wertung möglich wird. Die Rahmenver- einbarung erleichtert das Procedere im konkreten Fall wesentlich, da die Modalitä- ten der Zusammenarbeit und die Verwer- tung der gemeinsam erarbeiteten IP nicht jedes Mal neu verhandelt werden müssen. Zudem kann man so sehr eng mit den Wis- senschaftlern, von denen die Ideen kom- men, zusammenarbeiten. „Wir haben viele gute Vorschläge von unterschiedlichen Forschungseinrichtun- gen bekommen und auch Vorschläge in Diskussionen mit Wissenschaftlern ge- meinsam erarbeitet“, sagt Nussbaumer. Sieben Projekte werden aktuell finanziert, am meisten gediehen sind zwei, die sich bereits in der „Hit-to-Lead“-Phase der prä- klinischen Richtung befinden: Man hat also bei Screenings zu einem bestimmten Target oder Krankheitsmodell „Treffer“ er- zielt, aus denen nun ein „Leitkandidat“ als Ansatzpunkt für die weitere medizinalche- mische Optimierung selektiert wird. In ei- nem dieser Projekte, das gemeinsam mit TU Wien und Meduni Wien entwickelt wird, geht es um spezifische Modulatoren der Nervenzell-Rezeptoruntereinheiten GABAA- beta 2 und 3. Um daraus therapeutische Op- tionen gegen Angststörungen und Epilepsie ableiten zu können, muss ein hirngängiger Leitkandidat gefunden werden. Ein ande- res Projekt (eingebracht von KFU Graz und TU Graz) zielt auf Inhibitoren der Adipozy- ten-Triglycerid-Lipase (ATGL) ab, die mög- licherweise gegen Herzversagen, nicht- alkoholische Fettleber-Erkrankung und Typ-2-Diabetes entwickelt werden können – wenn eine optimale Gewebsverteilung erreicht werden kann. Zudem hat KHAN-I in das Startup Cutanos, das eine Impfstoff- plattform aufbaut, investiert und andere Co-Investoren mit an Bord geholt. KHAN-II folgt KHAN-I Was die Bewertung des Erfolgs betrifft, sollten die österreichischen Projekte jedoch nicht für sich betrachtet werden, sondern als Teil des Gesamtportfolios von KHAN- I. Und hier gibt es bereits ein Projekt, das kurz vor der Kommerzialisierung steht. Jedes Projekt hat ein reserviertes Budget, das nur abgerufen wird, wenn tatsächlich Kosten anfallen. Dadurch ist das bisher ein- geworbene Kapital aber demnächst auch gebunden. Um neue Projekte aufgreifen zu können, plant man daher noch 2023 ein erstes Closing für KHAN-II, eine Neuauflage des Finanzierungsvehikels. „Bei entspre- chender österreichischer Beteiligung wäre auch die Weiterführung des Wiener Büros gesichert“, sagt Nussbaumer. Nussbaumer sieht KHAN durchaus als Alternative dazu, vorschnell universitäre Spinoffs zu starten, deren Gründungsideen noch nicht ausgereift sind. Nicht selten werden Firmen von Menschen gegründet, die gute Wissenschaftler sind, aber keine unternehmerische Erfahrung haben. Man- che Fehler passieren auf diese Weise im- mer wieder. „Wir machen dieselbe Arbeit, aber mit schlankerer Struktur – und ru- higer: Ein Startup muss Erfolg zeigen, um die nächste Finanzierungsrunde zu stem- men. Bei uns ist das Projekt zu 100 Prozent finanziert“, meint Nussbaumer. Dadurch könnten die Wissenschaftler ihre Arbeit machen und die Verwertungsfragen den Managern von Wings4Innovation und KHAN überlassen. „Ein Startup kann man noch immer gründen, wenn die Idee eine gewisse Reife mit reduziertem Risiko er- reicht hat und das Kommerzialisierungs- potenzial klarer und besser ausgeschöpft werden kann“, so Nussbaumer. . - E D H C S L E W Y D R A H W W W . : d l i B