50 CHEMIE & TECHNIK chemiereport.at AustrianLifeSciences 2024.2 Axel Lorenz, CEO Process Automation bei Siemens, stellte seine Visionen durch- gängiger Digitalisierung vor. Unter Federführung von Rex VanHorn wurde die erste validierte KI-Applikation bei Boehringer Ingelheim entwickelt. men produktionstechnisch nachkom- men. Aktuell werden in mehreren Projek- ten zusammen 228.000 Quadratmeter an Produktionsfläche errichtet, insgesamt ist eine Verdreifachung des Produktionsvo- lumens aktiver pharmazeutischer Wirk- stoffe geplant. Novo Nordisk setzt dabei auf Fertigung im eigenen Haus: „Kein Con- tract Manufacturer hat diese Kapazitäten zur Verfügung, die wir benötigen“, begrün- dete Derrik Daniel Lenzner, Corporate Pro- ject Vice President PS API Projects, diese Vorgehensweise. „Die müssten investieren, um für uns produzieren zu können. Das machen wir lieber selbst.“ Schlüssel für ein schnelles Scale-up ist ein hohes Maß an Standardisierung, um nicht jedes Mal von neuem den Design- Zyklus durchlaufen zu müssen. Und das schreit förmlich nach der Nutzung digita- ler Modelle. Die größte Herausforderung bei der Realisierung der gesetzten Ziele sei derzeit, ausreichend Lieferanten und Arbeitskräfte zu finden, wie Lenzner in der Diskussion betonte. Ein wahrlich großes Vorhaben ist aber auch die Transformation eines Pharma- konzerns in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaneutralität. Wie man das bei Roche macht, darüber berichtete im Rahmen des Zeta-Symposiums William McNamara, Head of Global Project Delivery bei Roche Pharma Tech Operations. So wurden Key Performance Indicators (KPIs) definiert, die den Weg zum großen Ziel auslegen sollen: Energie-Effizienz, Abfallreduktion, CO2-Emissionen usw. „Auf der Baustelle müssen sie das auf den Boden bringen – das muss sich in Beton und Stahl wider- spiegeln“, weiß der Manager, worauf es letztlich ankommt. Ein entscheidender Faktor, um die gewünschten Ergebnisse voranzutreiben, ist für McNamara dabei, das richtige digitale Tool an der richtigen Stelle einzusetzen. Systeme des Building Information Modeling (BIM) z. B. ermög- lichen, Digitale Zwillinge, wie sie für Pro- zessanlagen verwendet werden, auch für das Gebäude einzusetzen. Auch hier ist der Nutzen aber nur dann zu erwarten, wenn Datenfluss und -austausch über den gesamten Lebenszyklus durchgängig stattfinden: In der Design- und Enginee- ring-Phase durch Zusammenwirken aller Gewerke, im Betrieb, wenn Real Estate und Facility Management nicht nur auf den „Trotz KI: Es ist immer noch nützlich, ein Gehirn zu verwenden.“ Moderator Oliver Spadiut Das Zeta-Symposium 2024 Von 11. bis 13. März lud die Firma Zeta wieder zum alljährlich stattfindenden „Gipfeltreffen“ der Bioprozesstechnik ins Schloss Seggau bei Leibnitz. Rund 160 Teilnehmer diskutierten die Trends und Entwicklungen, die auf die Produktion von Biopharma und die zugehörigen techni- schen Funktionen einwirken. Zeta verband dabei ein hochkarätiges Podium mit der unternehmenstypischen steirischen Gastfreundschaft, die das Netzwerken zum kulinarischen und önologischen Genuss in malerischem Ambiente werden ließ. Ein solches Event stellt man nicht allein auf die Beine. Boehringer Ingel- heim und Octapharma unterstützten es aktiv, Siemens, Cytiva, Gemü, Türck sowie Endress + Hauser fungierten als Aus- steller und Sponsoren. www.zeta.com/symposium digitalen Datenbestand zugreifen, sondern ihn durch Verknüpfung mit Echtzeitdaten auch stetig aktuell halten. Was können Menschen besser? Immer wieder stand während des Sym- posiums eine Frage wie der Elefant aus der Redewendung im Raum: Wird die „Künst- liche Intelligenz“ immer mehr von dem ersetzen, wofür heute die Intelligenz des Menschen notwendig ist? Patrick Rathei- ser, CEO des auf KI in Industriezusammen- hängen spezialisierten steirischen Unter- nehmens Leftshift One, präsentierte die Ergebnisse einer Stude des McKinsey Glo- bal Institute, die das nahelegen könnten: Demnach sollen 50 Prozent der Arbeit, die heute von Menschen erledigt wird, von KI- Systemen übernommen, 20 Prozent aller Arbeitnehmer ersetzt und weitere 14 Pro- zent gezwungen werden, ihre Profession zu ändern. Fürchten muss man sich nach Ansicht des Entrepreneurs davor aber nicht. In einer Produktionsstätte von Lego beispiels- weise werden 70.000 Teile pro Tag erzeugt, aber es sind nur fünf bis sechs Menschen in der Fabrik. Dennoch sei die Zahl der Mitar- beiter von rund 8.000 im Jahr 2010 auf über 23.000 im Jahr 2022 angewachsen. „Die produzieren keine Legosteine, die machen Filme, Themenparks, Entertainment-Part- nerschaften“, so Ratheiser. Digitalisierung öffnet Raum für neue Geschäftsmodelle. Bis 2022, so wieder McKinsey, habe KI dreimal so viele Jobs geschaffen wie elimi- niert. Ratheisers Rezept für die Erfolg brin- gende Anwendung von KI ist, in einem gut definierten Geschäfts- oder Produktions- prozess repetitive kognitive Tätigkeiten ausfindig zu machen. Dann könne KI als Werkzeug punkten. Bei all der Fokussierung auf „Intelli- genz“ ist es gut, einen Vortragenden zu haben, der etwas von der Funktionsweise des Gehirns versteht. Denn wenn im Saal noch irgendwer Befürchtungen hatte, Algorithmen könnten einmal das Kom- mando übernehmen: Henning Beck, Bio- chemiker und Science Slammer, zerstreute sie. „Unser Gehirn speichert nicht Unmen- gen von Daten, um sie anschließend zu analysieren. Es arbeitet mit Konzepten.“ Im Unterschied zu KI-Systemen würden wir Menschen die dargebotene Informa- tion nicht in Einzelteile zergliedern, um Muster ausfindig zu machen. Wir würden die Welt vielmehr verstehen und heraus- finden können, wofür ein Objekt gut ist – und wie man es kreativ weiterdenken kann. Und was man einmal verstanden habe, das können man nicht „ent-verste- hen“. „Trotz aller KI“, fasste Moderator Oli- ver Spadiut zusammen, „es ist immer noch nützlich, ein Gehirn zu verwenden.“ a t e Z : r e d l i B